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Dr. Klaus Grote

| Wolfgang Dünkel
07.11.2015 Veranstaltungsrückblick

Exkursion zum Logistikstandort Römerlager Hedemünden

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Wolfgang Dünkel

Schade dass Sie nicht dabei waren, Sie haben etwas versäumt! Bei strahlendem Oktobersonnenschein entführte uns der Göttinger Kreisarchäologe i. R. Dr. Klaus Grote in die Zeit des römischen Kaisers Augustus, dessen Feldherr Drusus um 11 bis 9 vor Christus das Lager auf dem Bergrücken bei Hedemünden anlegen ließ.

Etwa 50 Mitglieder der Vereine DGS, VDE und VDI sowie einige Gäste, interessiert mehr über ihre nordhessisch-südniedersächsische Heimat zu erfahren, trafen sich am 31. Oktober am Fuße des Burgbergs Hedemünden. Dr. Grote, ein profunder Kenner der römisch-germanischen Geschichte unseres Landes, hat in den vergangenen Jahren das Versorgungslager Hedemünden erforscht und dokumentiert. Über drei Stunden berichtete Dr. Grote anhand der lokalen Geländestrukturen, Infotafeln und Steinsetzungen im Lager über das Leben hier vor mehr als 2000 Jahren, über die Schwierigkeiten den Fundort zu sichern, aber auch über die Freude über die entdeckten Fundstücke.

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Wolfgang Dünkel

Wir haben uns den Burgberg als unbewaldete freie Fläche vorzustellen, in dessen Zentrum das 3,2 ha große Versorgungslager I - weithin sichtbar - als Demonstration der Macht Roms die Landschaft beherrschte. Das befestigte Lager I war, belegt mit einer Mannschaft von ca. 200 bis 500 Legionären umgeben von weiteren zum Teil umfriedeten Flächen mit einer Gesamtgröße von etwa 25 ha, die als Marschlager für die Zelte der durchziehenden Legionen dienten.

Im Gegensatz zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen am Osthang des Burgberges ist die Bodenoberfläche des Hauptlagers nahezu so erhalten, wie sie vor 2000 Jahren verlassen wurde. Gut erhalten ist die Umwehrung, bestehend aus einem Wall und davorliegendem Spitzgraben (Bild oben). Immer noch gut zu erkennen einer der Eingänge ins Lager (Bild rechts); hier war der Wall unterbrochen.

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Wolfgang Dünkel

Neue physikalische Methoden zur Untersuchung der Erdoberfläche halfen, sich ein genaues Bild zu machen, wie das Versorgungslager mit Gebäuden belegt und mit Wegen durchzogen war, wobei die von den Legionären verlorenen Sandalennägel eine wichtige Rolle als "Leitfossilien" spielen. Bei früheren Grabungen wurden oft diese Sandalennägel, ohne sie zu beachten, als verrostete Eisenklümpchen mit abgeräumt.

Der Blick in den Untergrund durch Grabungen legte befestigte Wege, Steinsetzungen für die Auflage von Balken für Gebäude frei (Bild rechts) und brachte eine Vielfalt an Funden: neben den schon genannten Sandalennägeln, Zeltheringe, Pionierwerkzeuge, Lanzen- und Pfeilspitzen, Münzen aber auch Keramikteile u.a. von Amphoren aus Italien und Südspanien (siehe Bilder mit erklärendem Text von Dr. Klaus Grote im Anhang).

Blickt man heute vom Burgberg in Richtung Osten, so sind einerseits die Verkehrswege (Eisenbahn, Autobahn, Straßen) unüberhör- und unübersehbar, ebenso die Lagerhallen verschiedener Logistikunternehmen.

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Wolfgang Dünkel

Die Kernaussagen des Vortrags sind in den Informationstafeln am Weg zum Versorgungslager und im Lager selbst allgemein verständlich dargestellt, sodass auch ohne die fachkundige Führung durch Dr. Grote die Besichtigung des Lagers ein eindrückliches Erlebnis werden kann. Gerade jetzt im Herbst und auch im Winter, wenn die Bäume ihr Laub abgeworfen haben sind die Befestigungsanlagen gut zu erkennen. Machen Sie einen Rundgang auf dem Wall und lassen Sie das Leben im Lager vor ihrem geistigen Auge erstehen!

Harald Wersich
DGS-Sektion Kassel / ASK
VDE Kassel
VDI Nordhessen

(last update 08.11.2015)

 

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Und hier jetzt ein Lageplan des Römerlagers Hedemünden und einige Bilder der Funde im Lager mit erläuternden und stark gekürzten Angaben von Dr. Klaus Grote, Kreisarchäologe i. R. des Kreises Göttingen, entnommen dem Informationsblatt © "Das Römerlager Hedemünden, Ldkr. Göttingen, Autor Dr. Klaus Grote, Kreisarchäologie Göttingen:

 

Gesamtplan Roemerlager

Lageplan des Römerlagers bei Hedemünden oberhalb der Werra / Römerlager Hedemünden – Der augusteische Stützpunkt, seine Außenanlagen, seine Funde und Befunde, Abb. 12, ISBN 978-3954980031, Sandstein-Verlag, Dresden, 2012

Westlich von Hedemünden wurde 2003 durch Geländeforschungen der Göttinger Kreisarchäologie ein überraschend gut erhaltenes frühkaiserzeitliches Militärlager entdeckt. Die mehrteilige Anlage von rund 25 Hektar nimmt einen heute bewaldeten Bergrücken und dessen landwirtschaftlich genutzten Ostabhang ein. Unmittelbar südlich fließt die Werra, der natürliche Oberlauf der Weser. Die Lage ist unverkennbar durch die Orientierung auf eine Furt durch den schiffbaren Fluss bestimmt. (...)

Als Einzelbereiche des Stützpunktes sind vorhanden das rund 3,2 ha große Hauptlager I (auf dessen Gebiet die obigen Fotos im Wald entstanden sind) auf der Berghöhe, mit komplett erhaltener Umwehrung aus Wall ... und Spitzgraben ....; .....ein mutmaßliches Marschlager IV von ca. 15 ha Größe auf dem flach abfallenden Osthang des Berges (auf dessen Gebiet die Wegebilder im Freien entstanden sind) ; (...).

Durch Grabungen und Prospektionen seit 2003 ist das Lager I am besten untersucht. Nachgewiesen ist eine Innenbebauung mit ehemaligen Holzgroßbauten (z. T. wohl Vorratsbauten mit schwebenden Böden über Steinsubstruktionen) und Zelten (siehe Bilder oben mit Dr. Grote und unseren Teilnehmern). Fast im Zentrum lag ein quadratischer Zentralbau mit Umgangsweg, vermutlich die Principia. Belegt sind zudem Feldbacköfen, steingesetzte Herdstellen, Gruben, Wegereste.

Das zahlreiche Fundmaterial setzt sich überwiegend zusammen aus Metallobjekten und Keramikresten. Vorhanden sind alle Elemente der militärischen Waffen- und Grundausrüstung der regulären Infanterie wie auch der Auxiliarkavallerie, dazu vielfältiges Alltagsgerät, Handwerksnachweise ...., Teile von Wagen und Zugtieranschirrungen, Baubeschläge und Zeltheringe. (...)

Das Münzspektrum enthält neben wenigen republikanischen Stücken überwiegend augusteische Prägungen ...... Nach derzeitigem Kenntnisstand gehört der Stützpunkt Hedemünden demnach in die frühe Phase der augusteischen Okkupationszeit, in die Staffel der vom Princeps Drusus angeführten Vorstöße ins rechtsrheinische Germanien .... Als frühestes Datum ist das Jahr 11 v. Chr. möglich, sicher einbezogen war es in den Vorstoß 9 v. Chr. von Mainz bis zur Elbe. (...)

Seit 2007 werden durch die Geländearbeiten auch die Reste des unter Wald erhaltenen römischen Marschweges bis in mehreren Kilometern Entfernung erkannt.